Die Doppel-DVD präsentiert zwei ungewöhnliche Werke von Richard Blank: Friedliche Tage schildert eine totalitäre und unmenschliche Gesellschaft, in der Alltagsszenen als Alpträume erscheinen und die Protagonisten nach der Utopie von Freiheit und Liebe suchen. Prinzenbad entwickelt den Mikrokosmos einer Gesellschaft, die von männlichem Machtgehabe, Geschäftemacherei und Korruption, Liebe und Eros dominiert ist. Beide Filme unterlaufen gängige Dramaturgien und verdichten Szenen, Episoden und Geschichten zu einem grotesken Reigen vom Untergang der bürgerlichen Welt.
Die Filme
Friedliche Tage - BRD 1983 - Drehbuch und Regie: Richard Blank - Kamera: Horst Schier - Musik: Loek Dikker - Darsteller: Katharina Thalbach, Branko Samarowski, Hannelore Schroth, Raphael Klachkin, Eva Mattes, Thomas Brasch, Beppo Brem - Produktion: Infafilm - Premiere: 18. Januar 1984 (Max-Ophüls-Preis, Saarbrücken)
Prizenbad - BRD 1993 - Drehbuch und Regie: Richard Blank - Kamera: Horst Schier - Musik: Loek Dikker - Darsteller: Bernhard Wicki, Ekaterina Strishenova, Elizabeth Schofield, Ulrich Wildgruber, Sándor Szabó, Michael Mrakitsch, Christoph Baumann, Robert Alföldi - Produktion: Granit-Film - Premiere: 1. September 1993
Über Friedliche Tage
Friedliche Tage ist ein Versuch, Orwell zu aktualisieren. Blank zeigt lauter Bundesbürger, die längst "den Sieg über sich selber" errungen haben und den Großen Bruder lieben. Bei Blank wird hingerichtet, wer zu Kreuze kroch. Amnestie erhalten die Aufsässigen. Zu ihnen gehört Hanna Rinkes. Als Kern in ihre Zelle kommt, versucht sie ihn zu verführen. Traurig zeigt sie ihm einen Busen her. Die Kamera verfolgt Kerns Hand, wie sie auf Hanna Rinkes Brust zufährt. Schnitt. Kern schlägt zu. Schnitt. Katharina Thalbachs Gesicht ist naß von Tränen, aber dann beweist sie, daß sie zu Unrecht verhaftet wurde. Noch in der tiefsten Demütigung bleibt sie selbstbewußt. Im Befehlston sagt sie: "Sie helfen mir hier raus!".
Später, wenn sie bei ihrer Firma, die in die Verhaftungswelle verstrickt ist, gekündigt hat, spielt sie in einem Supermarkt jungfilmhaft verrückt. Kauft ein, leert den Wagen wieder aus, verstellt alles, beißt die Waren an. Eine Szene von so heiterer Ausgelassenheit, wie sie Katharina Thalbach vermutlich noch nie gespielt hat. Friedliche Tage: das ist nicht irgendein flottes Movie, sondern ein durchdachter, dramaturgisch hervorragender, schauspielerisch beeindruckender Autorenfilm, mit beiden Augen bei der Sache, statt mit einem in Hollywood.
Helmut Schödel, Die Zeit 21/1984
Über Prinzenbad
Blanks wichtigster Film ist Prinzenbad, der, das Finale ausgenommen, nur in den berühmten Bädern des Budapester Hotels Gellert spielt. Die Männer haben sich weiße Leinentücher wie Lendenschurze umgebunden, und es ist, als sei mit den Frauen die Schönheit aus dem Bad verbannt. Aufgeblähte Bierbäuche, runzlige Haut, aufgedunsene Gesichter, unter ihnen Ulrich Wildgruber und Wicki als Bademeister. Wie ein Haufen unansehnliches weißes Fleisch, wälzt sich diese Männerwelt durch das Bad und schwappt ins Wasser. "So sind wir, und so sehen wir aus", sagte Blank, die Männer seien nun mal nicht die Krone der Schöpfung. Über Geschichten verfügen diese Komparsen der Neuzeit auch nicht mehr. Lächerliche Machtspiele, miese Geschäfte, dumme Affären - das ist der Rest ihres Lebens. Man hat diese kalte, künstliche Welt und die gesamte Konstruktion mit Arbeiten von Peter Greenaway verglichen. Man sieht einem Untergang zu. Diesen Männern steht das Wasser bis zum Hals, und von den Helden von einst bleiben Fratzengesichter übrig, die einen durch die trüben Nebelschwaden der Dampfbäder angrinsen: Faune, Rumpelstilzchen, Alberiche. Aber verraten wurden sie nicht. Jecken des Untergangs.
Helmut Schödel: Reportagen für morgen, Salzburg/Wien 2012
DVD-Features (Doppel-DVD)
DVD 1
- Friedliche Tage 1983, 81'
- Booklet mit Texten von Richard Blank und Helmut Schödel
DVD 2
Herausgeber: Filmmuseum München und Goethe-Institut München
DVD-Authoring: Tobias Dressel
DVD-Supervision: Stefan Drössler
1. Auflage Mai 2014