Der letzte Film, an dem Curt Goetz mitwirkte, ist eine geistreiche Kriminalkomödie um einen angeblichen Mord. Vor Gericht angeklagt wird die Frau des "Opfers", die von einem geheimnisvollen Unbekannten verteidigt wird. Regie führt Kurt Hoffmann, der mit Hokuspokus seine Karriere als der erfolgreichste Komödienspezialist des deutschen Nachkriegskinos begründet. Die DVD präsentiert die restaurierte Originalfasssung des Films inklusive eines Hörspiels von Curt Goetz und Interviews mit Valerie von Martens und Curt Goetz.
Die Filme
Hokuspokus - BRD 1953 Regie: Kurt Hoffmann - Drehbuch: Curt Goetz, nach seinem Theaterstück - Kamera: Richard Angst Musik: Franz Grothe) - Darsteller: Curt Goetz (Peer Bille), Valerie von Martens (Agda Kjerulf), Hans Nielsen (Gerichtspräsident), Ernst Waldow (Staatsanwalt), Erich Ponto (Mister Graham), Elisabeth Flickenschildt (Zeugin Kiebutz), Fritz Rasp (Diener) - Produktion: Hans Domnick Filmproduktion GmbH, Göttingen - Premiere: 1. September 1953 (Turm-Palast, Frankfurt am Main)
Erinnerungen an Curt Goetz - Valerie von Martens-Goetz erzählt - BRD 1983 -Drehbuch und Regie: Horst Jaedicke - Kamera: Heribert Schuster - Fernsehbearbeitung: Andreas Oesterle - Produktion: Süddeutscher Rundfunk (heute: Südwestrundfunk), Stuttgart
Tondokumente
Die Rache - BRD 1958 - Hörspiel und Regie: Curt Goetz - Mit: Curt Goetz (Dr. von Alten), Klaus Kammer (Besucher), Valerie von Martens (Frau Krause) - Produktion: Electrola, Berlin
Bitte legen Sie ab: Curt Goetz - Österreich 1958 - Konzept und Regie: Walter Davy - Mit: Curt Goetz, Heinz Fischer-Karwin, Dr. Hellmuth Bock, Ernst Goetz-Schmerschneider, Dorothea Neff, Valerie von Martens - Produktion: Österreichischer Rundfunk ORF, Wien
Über den Film
Die Rolle des Tausendsassas Peer Bille Zirkuskünstler, Jongleur, Kunstreiter, Schnellmaler und zu allem Überfluß auch noch ein brillanter Jurist schrieb sich Curt Goetz in den 1930er Jahren mit dem Theaterstück Hokuspokus auf den Leib, das seinem letzten Film unter der Regie des Komödienspezialisten Kurt Hoffmann im Jahr 1953 zu Grunde liegt. Die Handlung beginnt als Kriminalstück und verwandelt sich in eine spritzige Justizkomödie mit Happy End. Wie in jedem Film des Schauspielerehepaares Valerie von Martens und Curt Goetz dreht sich alles um die große Liebe des Paares, das in Leben und Kunst stets vereint agierte.
Vor Gericht wird der Mord an dem Maler Hilmar Kjerulf verhandelt. Angeklagt ist seine Frau Agda, die von Valerie von Martens als strategische Naive voll von klugem Hintersinn gespielt wird. In der Nacht vor der Urteilsverkündung die Verurteilung der mörderischen Witwe aufgrund von zusammengetragenen Indizien scheint sicher erhält der Gerichtspräsident überraschend Besuch von einem Unbekannten, der ihm in einer lückenlosen Beweiskette demonstriert, daß sein gerade anwesender bester Freund Mr. Graham (Erich Ponto) genauso gut auch sein Mörder sein könnte. Der fremde Besucher, offensichtlich ein begabter Zauberkünstler, bekennt zum Schluß seines Auftrittes der wahre Mörder des Malers zu sein und entschwindet in die Dunkelheit. Am nächsten Tag taucht der Zauberer als Anwalt der Angeklagten im Gerichtssaal wieder auf, entschuldigt sich für die nächtliche Posse, die seine Argumentation untermauern soll, und zerpflückt nun genüßlich die Beweisführung gegen die angebliche Gattenmörderin, die sich währenddessen immer tiefer in Widersprücheverstrickt. Was geht hier wohl vor?
Goetz spielt den wandelbaren Gemahl Agda Kjerulfs mit der charakteristischen Eleganz, der Schlagfertigkeit und dem angriffslustigen Witz, der an ihm auf der Bühne und im Film stets bewundert werden konnte. Einst war Kjerulf ein glücklicher Zirkuskünstler namens Peer Bille, der aus Liebe zu Agda und als Zugeständnis an seinen strengen Schwiegervater einen gutbürgerlichen Berufsweg wählte und zum unglücklichen Juristen wurde, um schließlich als erfolgloser Maler unter dem Pseudonym Hilmar Kjerulf einen faulen Kompromiß zwischen dem Hokuspokus der Manege und bisweilen faulen Zauber des Gerichtssaals einzugehen. Bei den nun folgenden Verwicklungen des Plots stand der Zufall gleich mehrfach Pate: Der Maler schlief nach einem glimpflich ausgegangenen Unfall auf dem stürmischen See im Zug ein, landete einige Stationen weiter unversehens bei seinem alten Zirkus und kehrte versuchsweise zu diesem früheren Leben zurück. Da er den Brief mit der diesbezüglichen Nachricht an seine Frau in seiner Rocktasche vergessen hat und zudem an seinem eigentlichen Wohnort eine Wasserleiche gefunden wurde, hält man Kjerulf nun für tot.
Nach einigen Wochen taucht Bille inkognito wieder auf, ohne Bart und optisch verändert, so daß ihn die Nachbarn für den Liebhaber der Witwe halten, die nun des Mordes verdächtigt wird. Plötzlich verkaufen sich seine Bilder zu Höchstpreisen, so daß alte Schulden abgetragen und Löcher in der Haushaltskasse gestopft werden können. Die tapfere "kleine" Frau beschließt, die Ungemach der Haft und der Anklage noch eine Weile auszuhalten, weil es in der Kasse gerade so schön klingelt. Der Tote malt neue Bilder und die Geschichte nimmt ihren verwickelten Lauf. Schließlich muß Bille noch einmal in die Robe des Anwalts schlüpfen, um seine geliebte Gefährtin vor der Verurteilung zu retten.
Auf dem Papier ein Meister des geistreichen Oneliners, krönte Goetz als Schauspieler diesen Sprachwitz durch Betonung, Pause und Satzmelodie, jene an ihm zu bewundernde Virtuosität des Spiels, in der ihm Valerie von Martens stets als kongeniale Partnerin zur Seite stand. Das Paar agierte in seinen Dialogen, aber auch in der Körpersprache so geschliffen, daß die Qualität ihrer Auftritte in den Remakes der von Martens/Goetz-Filme durch Heinz Rühmann und auch bei den diversen Bühneninszenierungen nicht eingeholt werden konnte. Dazu kommt die in jeder Szene zwischen Valerie von Martens und Curt Goetz spürbare emotionale Verbundenheit: Sie mußten ihre Liebe nicht vorspielen diese bildete ein stabiles Fundament ihrer Kunst. In Hokuspokus spielt Valerie von Martens über weite Strecken im Sitzen, in ihrem Bewegungsradius auf die Anklagebank im Gerichtssaal beschränkt, aber aus dieser vermeintlich passiven Position heraus beherrscht sie eindeutig den Raum. Nach und nach entpuppt sich die Wahrheit: Die scheinbar schwache Agda Kjerulf hält die Fäden des Geschehens ziemlich fest in der Hand. Sie ist der Souverän des Spiels. In Goetz Komödien bedienen sich die Heldinnen der berühmten weiblichen Tricks mit einem so reizenden Charme und unmittelbarem Erfolg, daß an ihrer Dominanz im Spiel der Geschlechter keine Zweifel aufkommen können, selbst wenn die männlichen Helden als wortgewandte Gockel auch einmal lauthals krähen dürfen. Grundlage des Liebesspiels ist die gegenseitige Toleranz gegenüber den besonderen Eitelkeiten und Fehlern beider Geschlechter, womit Goetz ein Plädoyer für Humanitätsetzt. Das Menschlich-Allzumenschliche steht auf dem Nährboden seines weltgewandten Humors in voller Blüte.
Susanne Marschall
DVD-Features
- Hokuspokus 1953, 86'
- Filmtrailer zu Curt-Goetz-Filmen 1949-1952, 9'
- Erinnerungen an Curt Goetz - Valerie von Martens-Goetz erzählt 1983, 10'
- Hörspiel Die Rache 1958, 23'
- Radiosendung Bitte legen Sie ab: Curt Goetz 1958, 59'
- 8seitiges Booklet mit Texten von Curt Goetz und Susanne Marschall
Herausgeber: Filmmuseum München, Goethe-Institut München
DVD-Authoring: Ralph Schermbach
DVD-Supervision: Stefan Drössler
1. Auflage Juni 2007, 2. Auflage September 2007, 3. Auflage November 2008, 4. Auflage März 2009, 5. Auflage 2010, 6. Auflage August 2011, 7. Auflage November 2012, 8. Auflage November 2013, 9. Auflage November 2014, 10. Auflage November 2016, 11. Auflage November 2018, 12. Auflage Februar 2021
Trailer zum Film