Bevor er sich mit Der blaue Engel seinen Platz in der Filmgeschichte sicherte, drehte Josef von Sternberg eine Reihe herausragender Stummfilme. Die vorliegende Edition vereint den ersten und letzten davon in digital restaurierter Fassung, ergänzt durch einen neuen Videoessay der Filmhistorikerin Janet Bergstrom. The Salvation Hunters das selbstfinanzierte Regiedebü t Sternbergs wurde für seinen lyrischen Realismus u. a. von Charles Chaplin bewundert und erscheint hier mit einer neuen Musik des preisgekrönten österreichischen Komponisten Siegfried Friedrich. Das einzige erhaltene Fragment von The Case of Lena Smith gibt die k&k-Erinnerungen des in Wien geborenen Regisseurs lebhaft wieder.
Die Filme
The Salvation Hunters - USA 1925 - Drehbuch und Regie: Josef von Sternberg - Kamera: Edward Gheller - Darsteller: George K. Arthur, Georgia Hale, Bruce Guerin, Otto Matiesen, Nelly Bly Baker - Produktion: Academy Photoplays - Premiere: 15. Februar 1925
The Case of Lena Smith - USA 1929 - Regie: Josef von Sternberg - Drehbuch: Jules Furthman, nach einer Geschichte von Samuel Ornitz - Kamera: Harold Rosson - Darsteller: Esther Ralston, James Hall, Leone Lane, Kay Deslys - Produktion: Paramount Famous Lasky Corp. - Premiere: 19. Januar 1929
Josef von Sternberg, Salvation Hunter - USA 2016 - Produktion, Drehbuch und Regie: Janet Bergström - Erstveröffentlichung
Über Josef von Sternberg
In Sternbergs ungewöhnlichem uvre gelten der letzte und der erste Film als die »verstecktesten« und ungewöhnlichsten. The Saga of Anatahan (1953), gedreht in einem hochartifiziellen japanischen Studio-Dschungel, und The Salvation Hunters (1925), gedreht an realen Schauplätzen in Los Angeles bzw. im Hafen von San Pedro: zwei authentische, selbstfinanzierte Independent-Werke. Als Sternberg sein Regiedebüt gab, hatte er bereits 16 Jahre in den USA gelebt, länger als zuvor in Wien. Aber er pflegte weiterhin das »Unamerikanische« wahrscheinlich nicht nur, weil es seinem Naturell und seiner kulturellen Prägung entsprach, sondern auch weil Hollywood Mitte der 1920er Jahre Raum dafür bot. Erich von Stroheim, der ebenfalls von Wien nach Kalifornien emigrierte Vorläufer Sternbergs (und Vorbild für das angenommene »von« im Namen), hatte mit Greed (1924) einen globalen Kino-Markstein gesetzt, und The Salvation Hunters stellte sich bewusst in dessen naturalistische Tradition. Gleichzeitig hielt Sternberg Abstand vom Sozialdrama; seine Idee von Film als abstraktem Denken-in-Bildern scheint im Debüt bereits deutlich durch. Als »unamerikanisch« wurden Sternbergs Filme (und er selbst) in manchen Kreisen auch später noch wahrgenommen. Sein letzter und heute verschollener Stummfilm The Case of Lena Smith (1929) etwa sorgte bei der cinephilen Kritik weltweit für Enthusiasmus, in der Mainstreampresse und an der Kinokasse fiel er aufgrund der elliptischen Erzählung und der »deprimierenden« Anlage jedoch durch. Das vierminütige, von Hiroshi Komatsu 2003 aufgefundene Fragment von Lena Smith, die Vielzahl überlieferter Bilder und Dokumente zu diesem Film und nicht zuletzt Sternbergs Selbstaussagen deuten darauf hin, dass er mit diesem Werk seine Erinnerung ans Leben und Denken im Wien der k.u.k-Monarchie(sowie deren literarische Echos) besonders intensiv anzapfte.
Alexander Horwath
DVD-Features
- The Salvation Hunters 1925, 70'
- Musikbegleitung von Siegfried Friedrich
- The Case of Lena Smith 1929, 4' (Fragment)
- Josef von Sternberg, Salvation Hunter 2016, 32'
- 20seitiges Booklet mit einem Essay von Janet Bergstrom
Herausgeber: Österreichisches Filmmuseum, Wien
DVD-Authoring: Tobias Dressel
DVD-Supervision: Oliver Hanley
1. Auflage Oktober 2016, 2. Auflage Dezember 2018