Flucht in den Norden

Flucht in den Norden

Edition Filmmuseum 125

Kongeniale Verfilmung des Romans, den Klaus Mann im Exil geschrieben hat: 1933 flieht die junge Antifaschistin Johanna vor den Nationalsozialisten aus Deutschland. Sie plant zwar, sich dem Widerstand in Frankreich anzuschließen, findet aber zunächst Zuflucht auf einem Gut in Finnland, das der Familie einer Freundin gehört. Dort trifft sie Ragnar und beginnt mit ihm eine leidenschaftliche Affäre. Die beiden brechen zu einer gemeinsamen Reise in den Norden auf, durch die zeitlose Schönheit der finnischen Landschaft, bis ans Eismeer, zum nördlichsten Punkt ihrer Reise. Hier muss Johanna eine Entscheidung treffen: Will sie ein glückliches Leben mit Ragnar oder weiter ihre politischen Ziele verfolgen?

Die Filme

Flucht in den Norden - BRD 1986 - Drehbuch und Regie: Ingemo Engström, nach dem Roman von Klaus Mann - Kamera: Axel Block - Schnitt: Thomas Balkenhol - Darsteller: Katharina Thalbach, Jukka-Pekka Palo, Lena Olin, Tom Pöysti, Britta Pohland, Käbi Laretei - Produktion: Theuring-Engström Filmproduktion, Bayerischer Rundfunk, Jörn Donner Productions - Premiere: Februar 1986 (Berlin Film Festival)

Interview mit Ingemo Engström - BRD 1986 - Produktion: Bayerischer Rundfunk, München - Premiere: Februar 1986 (Redaktion Kino Kino)

Ingemo Engström über Flucht in den Norden

Ich sehe mein Interesse für den Roman als Quelle für den Film darin, dass er ein so extremes Augenblicksbild einer Epoche wiedergibt und eine Idee von Passion, Widerstand und Todessehnsucht in eine Landschaft stellt, die die meinige war, und die ich jetzt aus meiner neuen Fremdheit heraus neu evozieren möchte. Es wäre sicher möglich, eine ähnliche Konstellation in derselben Landschaft, aber als eine in der Gegenwart spielende Geschichte zu erfinden und zu inszenieren. Aber es interessiert mich nun einmal, die sinnliche Realität einer Vergangenheit als Wert zu erleben und zu beschreiben. Viele dieser Details hätte ich recherchieren können für eine eigene erfundene Geschichte aus dieser Epoche, vieles erkenne ich noch als unverändert aus eigener Anschauung. Was mich aber reizt ist, einen Film zu machen, von dem ich meine, dass kein Deutscher und auch kein nicht-exilierter Finnländer ihn würde machen können. Ich meine es so ähnlich wie Jean-Marie Straub es sagte:

"Was bedeutet es, Filme in Deutschland zu machen ... Hyperion würde antworten: verbluten; ich füge hinzu: zunächst nicht erreichen können und dürfen die vielen, denen man seine Filme schenken möchte ... Es wird sich aber ändern. Das reizt mich - und so auch als Franzose hier Filme zu machen, welche kein Deutscher hätte machen können (etwa wie kein Deutscher GERMANIA ANNO ZERO und DIE ANGST hätte machen können, kein Amerikaner Renoirs THE SOUTHERNER und kein Italiener hätte LA CHARTREUSE DE PARME schreiben können)."

Klaus Manns Roman ist mir auch so etwas wie ein Dokument des Bewusstseins und der Existenzweise seines Autors in seiner Zeit, ein Einblick in das Agieren, Handeln und Hoffen einer wirklichen Person. Mehr noch: eine Vorausschau auf kommende Schreckensbilder. Vom Frieden war schon die Rede in dem großen Augenblick am Ende des Romans. Auch vom Sieg: "Wirst du einen Sieg erleben, und wird er so aussehen, wie man sich Siege erträumt - wenn er dann endlich kommt?" Wie war denn dann dieser Sieg, angesichts dessen Klaus Mann verzweifelte? Der Weltstaat blieb eine Utopie - zerrissen zwischen den Nachkriegsfronten und ohne in Deutschland repatriiert zu sein, schreibt Klaus Mann im Jahre seines selbstgewählten Todes (1949) in dem Essay "Die Heimsuchung des europäischen Geistes":

"Es gibt keine Hoffnung. Ob wir Intellektuelle nun Verräter seien, oder Opfer, wir täten gut daran, die völlige Hoffnungslosigkeit unserer Lage zu erkennen ... Der Kampf zwischen den beiden antigeistigen Riesenmächten - dem amerikanischen Geld und dem russischen Fanatismus - lässt keinen Raum mehr für intellektuelle Unabhängigkeit und Integrität. Wir sind gezwungen, Stellung zu nehmen und gerade dadurch alles zu verraten, was wir verteidigen und hochhalten sollten ... Hunderte, ja Tausende von Intellektuellen sollten tun was Virginia Woolf, Ernst Toller, Stefan Zweig, Jan Masaryk getan haben. Eine Selbstmordwelle, der die hervorragendsten, gefeiertsten Geister zum Opfer fielen, würde die Völker aufschrecken aus ihrer Lethargie, so dass sie den tödlichen Ernst der Heimsuchung begriffen, die der Mensch über sich gebracht hat durch seine Dummheit und Selbstsucht."

Es war dies geschrieben in einer Art von Verzweiflung, wovon es auch schon in "Flucht in den Norden" deutliche Anklänge gibt. Die dort aber konterkariert werden von einem ständigen sich Aufbäumen gegen den darin enthaltenen Aspekt der Unausweichlichkeit. Dieses Aufbäumen verkörpert sich in der Person von Johanna, die am Ende zu einer anderen Lösung kommen wird, als sie sich für Klaus Mann selbst an seinem Lebensende ergeben hat. Die Zeiten waren weiter und damit auch über Klaus Mann selbst hinweggegangen.

DVD features

  • Flucht in den Norden 1986, 122'
  • Interview mit Ingemo Engström 1986, 4'
  • 20-seitiges Booklet mit Texten von Ingemo Engström, Norbert Grob and anderen

Herausgeber: Filmmuseum München
DVD Authoring: Tobias Dressel, Gunther Bittmann
DVD Supervision: Stefan Drössler

!. Auflage November 2024

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