Der Maler und Filmemacher Lutz Dammbeck sucht in seinen Bildern, Filmen, Collagen und Installationen nach einer Synthese von filmischen und bildkünstlerischen Ausdrucksmitteln. Das macht ihn zu einer singulären und herausragenden Erscheinung in der modernen zeitgenössischen Kunst. Die Doppel-DVD stellt Dammbecks filmisches Frühwerk und seine Mediencollagen vor. Ein Booklet mit neuen Texten von Fred Gehler, Claus Löser und Bärbel Dalichow sowie ein umfangreicher ROM-Teil mit unveröffentlichten Dokumenten und Arbeitsmaterialien weisen Dammbeck auch als den wichtigsten Vertreter einer unabhängigen Film- und Medienkunst in der ehemaligen DDR aus.
Die Filme
Der Mond - DDR 1975 - Regie, Drehbuch und Gestaltung: Lutz Dammbeck - Kamera: Helmut Krahnert - Musik: Thomas Hertel - Produktion: DEFA-Studio für Trickfilme, Dresden - Premiere: 21.1.1977
Lebe! - DDR 1978 - Regie, Drehbuch und Gestaltung: Lutz Dammbeck - Kamera: Helmut Krahnert - Musik: Bernd Wefelmeyer - Produktion: DEFA-Studio für Trickfilme, Dresden - Premiere: 7.7.1978
Metamorphosen I - DDR 1979 - Regie, Drehbuch und Gestaltung: Lutz Dammbeck - Kamera: Peter Pohler - Produktion: Mogollon-Film, Leipzig - Premiere: 1979
Der Schneider von Ulm - DDR 1979 - Regie, Drehbuch und Gestaltung: Lutz Dammbeck, nach dem Gedicht von Bertolt Brecht - Kamera: Erich Günther - Musik: Thomas Hertel - Produktion: DEFA-Studio für Dokumentarfilme, Babelsberg - Premiere: 7.3.1980
Einmart - DDR 1981 - Regie, Drehbuch und Gestaltung: Lutz Dammbeck - Kamera: Hans Schöne - Musik: Thomas Hertel - Produktion: DEFA-Studio für Trickfilme, Dresden - Premiere: 27.11.1981
Hommage à La Sarraz - DDR 1981 - Regie, Drehbuch und Gestaltung: Lutz Dammbeck - Kamera: Thomas Plenert - Produktion: Mogollon-Film, Leipzig - Premiere: 1981
Die Entdeckung - DDR 1983 - Regie, Drehbuch und Gestaltung: Lutz Dammbeck - Kamera: Hans Schöne - Musik: Thomas Hertel - Produktion: DEFA-Studio für Trickfilme, Dresden - Premiere: 9.3.1984
Die Flut - DDR 1986 - Regie, Drehbuch und Gestaltung: Lutz Dammbeck, nach einer chinesischen Fabel - Kamera: Lutz Kleber - Musik: Günter Sommer - Produktion: DEFA-Studio für Trickfilme, Dresden - Premiere: 20.2.1987
Herakles Höhle - Deutschland 1983-90 - Drehbuch, Regie und Gestaltung: Lutz Dammbeck - Kamera: Eberhard Geick - Musik: Jörg Udo Lensing - Mit: Eva Schmale, Karen Friesicke - Produktion: Lutz Dammbeck Filmproduktion, Hamburg - Premiere: 8.5.1990 (SWF)
Herzog Ernst - Deutschland 1984-93 - Regie, Drehbuch und Gestaltung: Lutz Dammbeck, nach Motiven einer mittelalterlichen Sage - Kamera: Ernst Hammes - Musik: Manfrd Schoof, Jörg Udo Lensing - Produktion: Lutz Dammbeck Filmproduktion, Hamburg - Premiere: 1.4.1994 (ARD)
REALFilm - DDR 1986-2008 - Regie, Drehbuch und Gestaltung: Lutz Dammbeck - Kamera: Immo Fritzsche - Mit: Fine Kwiatkowski, Lutz Dammbeck - Produktion: Lutz Dammbeck Filmproduktion, Hamburg - Premiere: Erstveröffentlichung
Gespräch mit Lutz Dammbeck - Deutschland 2008 - Regie, Drehbuch und Kamera: Lutz Dammbeck - Mit: Lutz Dammbeck - Produktion: Lutz Dammbeck Filmproduktion, Hamburg - Premiere: Erstveröffentlichung
Über die DVD
Lutz Dammbeck hat einerseits eine Reihe von Filmen in den staatlichen Studios der DDR gedreht, andererseits systematisch an der Idee eines »parallelen Kinos« gearbeitet, das sich völlig unabhängig von allen Auflagen inhaltlicher und formaler Zensur bewegte. Diese beiden Facetten seines Werks sind nun auf dieser DVD-Veröffentlichung vereint. Ihr Nebeneinander zeigt wechselseitige Durchdringungen, verweist aber vor allem auf eine emanzipatorische Kontinuität, die über den Widerspruch von Staatskunst und Subkultur hinaus weist. Es ist deshalb nur folgerichtig, dass auf der Veröffentlichung auch Filme enthalten sind, die zwar in der DDR begonnen wurden, aber erst nach Dammbecks Übersiedelung 1986 von Leipzig nach Hamburg realisiert wurden. Als fast noch wichtiger ist die Beigabe von Fragmenten zu bewerten, die über den herkömmlichen Begriff des Films hinausgehen: Erst durch die Einbeziehung der raren Aufzeichnungen seiner Mediencollage inklusive Probeaufzeichnungen wird die Intention der Dammbeck'schen Gesamtkonzeption überhaupt erahnbar.
Früh beginnt der Künstler, auf das bewegte Bild zu fokussieren. Bereits als er 1972 die »Hochschule für Grafik und Buchkunst« in Leipzig abschließt, findet ein Animations-Szenarium Eingang in seine Diplomarbeit. Obwohl er wenig später erfolgreich als Plakatgestalter arbeitet (und dafür mehrfach Preise erhält), gilt sein offensives Interesse intermedialen Arbeitsweisen. Dies entspricht dem eigenen Impuls, das klassische Tafelbild in seiner Zweidimensionalität in den offenen Raum zu erweitern. Das Filmemachen wird für ihn zur konkreten Erfahrung, nachdem er mit Der Mond 1975 bei der DEFA eine erste filmische Arbeit auf 35mm realisieren kann. Zur gelebten Utopie arbeitet er sich drei Jahre später vor, als sein privat produzierter Experimentalfilm Metamorphosen 1 entsteht. Von nun an arbeitet Dammbeck in filmischer Zweigleisigkeit; an Grenzen stößt er in beiden Bereichen. Ästhetisch und inhaltlich bei der DEFA unter der latenten Zensur, technisch unter den eher provisorischen Bedingungen der künstlerischen Autonomie. Fast exemplarisch zeigt Dammbecks Werdegang die Grenzen auf, an die ein überdurchschnittlich begabter Filmemacher und auf mehreren Feldern aktiver Künstler beim Versuch eines Abgleichs von künstlerischem Anspruch und gesellschaftlicher Wirklichkeit im Osten Deutschlands stoßen musste.
In unmittelbarer Konsequenz auf die "amtliche" Ablehnung seines »Herakles«-Filmkonzepts durch die DEFA entwickelt Lutz Dammbeck ab 1981 seine von ihm als »Mediencollagen« bezeichneten, interdisziplinären Versuchsanordnungen. Geboren wird diese Idee aus einer kulturbürokratisch bedingten Notlage heraus: Dammbeck will eigentlich einen Film drehen, wird aber auf die Bildende Kunst im weitesten Sinne zurück geworfen. Die durch diese Arbeit freigesetzte Energie geht interessanterweise weit über das hinaus, was ein Film hätte leisten können. Benutzt er grafische Elemente innerhalb seiner vielgestaltigen Installationskompositionen, dann geht mit ihrer Montage auch fast immer ihre Demontage einher. Vorgefundenes oder reproduziertes Material wie die Fotografien von den Skulpturen der Bildhauer Breker, Thorak und Kolbe werden zerrissen und an den Nahtstellen mit groben Stichen an andere Fotos, zum Beispiel an das Selbstporträt des Künstlers, angefügt. Im Sichtbarmachen der Bruchstellen formuliert sich ein wichtiges Gestaltungsprinzip, das sich durch das gesamte Oeuvre Dammbecks zieht: Collagierungen werden nicht vorgenommen, um die einzelnen Bestandteile zu harmonisieren, sondern um die Übergänge als Nähte selbst zu jederzeit erkennbaren Bestandteilen der Montage zu machen.
Claus Löser
DVD-Features (Doppel-DVD)
DVD 1
- Der Mond 1975, 6'
- Lebe! 1987, 10'
- Der Schneider von Ulm 1979, 14'
- Einmart 1981, 15'
- Die Entdeckung 1983, 17'
- Die Flut 1986, 10'
- Herzog Ernst 1984-93, 45'
- Gespräch mit Lutz Dammbeck - Teil 1 2008, 23'
- Filmplakate von Lutz Dammbeck 1977-1986
- 20seitiges Booklet mit Texten von Fred Gehler, Claus Löser and Bärbel Dalichow
DVD 2
- Metamorphosen I 1979, 7'
- Hommage à La Sarraz 1981, 12'
- REALFilm 1986, 48'
- Herakles Höhle 1983-90, 45'
- Vorbereitungen der Mediencollage REALFilm 1986, 5'
- Mediencollage Herakles (Ausschnitt) 1985, 4'
- Gespräch mit Lutz Dammbeck - Teil 2 2008, 20'
- Texte, Dokumente und Zeichnungen von Lutz Dammbeck als ROM-Features
Herausgeber: Filmmuseum Potsdam in Zusammenarbeit mit dem Goethe-Institut
DVD-Authoring: Ralph Schermbach
DVD-Supervision: Stefan Drößler
1. Auflage August 2008
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