Die Filme, die der kanadische Fotograf John Cook (1935-2001) zwischen 1972 und 1982 in seiner Wahlheimat Wien drehte sind Meilensteine des österreichischen Kinos. Inmitten einer vom Fernsehspiel dominierten Filmkultur spürte der Kino-Autodidakt dem Geschmack des Lebens nach und schuf mit mit Freunden und Laiendarstellern drei Spielfilme sowie einen Dokumentarfilm. Die Doppel-DVD präsentiert erstmals Cooks drei zentrale Werke in restaurierter Fassung, und enthält Kontextmaterialien zur Arbeitsweise des Filmemachers.
Die Filme
Langsamer Sommer - Österreich 1976 - Regie und Schnitt: John Cook, Susanne Schett - Drehbuch: John Cook, Michael Pilz - Kamera: John Cook, Helmut Boselmann, Michael Pilz - Darsteller: John Cook, Helmut Boselmann, Eva Grimm, Hilde Pilz, Michael Pilz, Günter Duda- Schnitt: Beate Mainka-Jellinghaus - Produktion: Michael Pilz, Wien / Interspot Film, Wien - Premiere: 23. April 1976, Österreichisches Filmmuseum
Schwitzkasten - Österreich 1978 - Regie: John Cook - Drehbuch: John Cook, Helmut Zenker, nach dem Roman "Das Froschfest" von Helmut Zenker - Kamera: Helmut Pirnat - Schnitt: Susanne Schett - Darsteller: Hermann Juranek, Christa Schubert, Franz Schuh, Waltraud Misak, Johanna Froidl, Karl Martinek - Produktion: ebf-Film, Wien - Premiere: 11. Oktober 1978, Österreichisches Filmmuseum
Ich schaff's einfach nimmer - Österreich 1973 - Drehbuch, Regie, Kamera, Produktion: John Cook - Schnitt: Stefanie Schulz - Premiere: 15. Februar 1973, Österreichisches Filmmuseum
Skizze | Episode | Szene. Kommentar zu John Cooks "Langsamer Sommer" - Österreich 2008 - Drehbuch und Regie: Michael Baute, Volker Pantenburg, Stefan Pethke - Produktion: Österreichisches Filmmuseum, Wien - Premiere: Erstveröffentlichung
Über die Filme
Um in Wien zu leben, müsse man entweder zynisch sein oder dumm. Das sagt das Alter Ego des Regisseurs am Ende des dokumentarischen Spielfilms Langsamer Sommer. Ein Resumee, launisch wie der Film. Dieser geht von persönlichen Befindlichkeiten, den eigenen existenziellen Verwicklungen aus da gehört der Blick des Fremden auf die ihm halbvertraute Stadt Wien ganz wesentlich dazu , und zielt doch auf eine Erkenntnis, die das Private übersteigt. Es handelt sich dabei nur um eine von vielen selbstreflexiven Doppelbödigkeiten einer im österreichischen Kino höchst ungewöhnlichen Arbeit.
John Cook, ein kanadischer Modefotograf, den es nach Wien verschlagen hatte, war freilich weder zynisch noch dumm. Mit nur vier Filmen, die zwischen 1972 und 1982 entstanden, gab er dem österreichischen Film eine Ahnung jener Erneuerungsbewegungen des Kinos, die andere europäische Länder in den Jahrzehnten davor ungleich heftiger heimgesucht hatten.
Langsamer Sommer, 197476 mit minimalen Budget auf Super-8-Film gedreht (danach wurde ein 35mm-Blow-up angefertigt), positioniert sich nahe am "wirklichen" Leben seiner Protagonisten, einer lose zusammengewürfelten Wiener Bohème, und an ihrem vom Müßiggang und ziellosen Driften bestimmten Alltag. Dokumentarisch, durch ein Film-im-Film-Szenario zugleich als Konstruktion erkennbar, reihen sich Situationen eines Sommers aneinander, die vor allem von Intensitäten (jener der Figuren, aber auch der Stimmungen eines Tages) bestimmt sind. Es geht um nichts und dann doch um alles: um ein Zeitbild, um die Reflexion des eigenen Seelenzustands, der sich fortlaufend wandelt, und wie nebenbei auch um ein Bild der Stadt, ihres im Gassenwerk versteckten Lebens.
Schwitzkasten, Cooks nächster Film, ist sein erster großer Spielfilm. Nach der Selbstbespiegelung wendet sich Cook wieder der Arbeiterklasse zu, diesmal allerdings nicht mehr im dokumentarischen Modus, sondern aufbauend auf einem Roman von Kottan-Autor Helmut Zenker mit dem Titel "Das Froschfest". Schwitzkasten ist kein formales Hybrid mehr, sondern findet seinen eigenen Stil: Neorealismus auf wienerisch. Lyrisch, aber immer bodennah; im Tonfall präzis, ohne die Grenze zur Milieugroteske zu durchbrechen, die so viele österreichische Filme wie ein Ausschlag befällt; und vor allem: solidarisch mit seiner Hauptfigur, ohne aus ihr gleich einen Vorzeigehelden zu machen.
Dominik Kamalzadeh
DVD-Features (Doppel-DVD)
DVD 1
- Langsamer Sommer 1976, 83'
- Skizze | Episode | Szene. Kommentar zu John Cooks "Langsamer Sommer" 2008, 12'
- 16seitiges Booklet mit Texten von Dominik Kamalzadeh und Michael Loebenstein
DVD 2
- Schwitzkasten 1978, 97'
- Ich schaff's einfach nimmer 1973, 50'
Herausgeber: Österreichisches Filmmuseum Wien
DVD-Authoring: Ralph Schermbach
DVD-Supervision: Michael Loebenstein
1. Auflage September 2008, 2. Auflage November 2014
Trailer zum Film
Besprechungen